Wie Apple die kommende Führungsgeneration aufbaut
Vor zehn Jahren hat Steve Jobs seinen Nachfolger bestimmt. Inzwischen bereitet sich Apple auch systematisch auf die Nachfolge von Tim Cook vor. Dabei geht es nicht nur um die Chef-Position, sondern um das Management-Team insgesamt. Das soll jünger und diverser werden. An einem ungewöhnlichen Prinzip hält Apple aber fest.
Apple-Chef Tim Cook (60) trat vor zehn Jahren in große Fußstapfen. Mit dem Tod von Steve Jobs hatte der Konzern seine Gallionsfigur verloren – den Mann, der Apple vor der Pleite gerettet und unsere technische Moderne entscheidend geprägt hat. Im Sommer 2001 war bereits klar, dass der von Jobs erkorene neue CEO Tim Cook nicht in der Lage sein würde, die Position des legendären Apple-Mitbegründers komplett auszufüllen.
Doch entgegen mancher Befürchtungen entwickelte sich das Unternehmen unter der Führung von Cook prächtig. Der neue Chef verfügte zwar nicht über das Charisma seines Vorgängers. Aber die Kasse stimmt: Der Umsatz hat sich seit Cooks Amtsantritt mehr als verdoppelt, der Kurs der Apple-Aktie sogar fast verzehnfacht. Damit diese Erfolgsgeschichte auch weitergeschrieben werden kann, wenn Tim Cook irgend nicht mehr an der Spitze steht, arbeitet Apple seit Jahren am Aufbau einer neuen Generation von Führungskräften. Gleichzeitig behält das Unternehmen aber seine Organisationsstruktur bei, die für einen Konzern dieser Größe außergewöhnlich ist.
Vor der Rückkehr von Jobs 1998 war Apple sehr konventionell strukturiert: Der Konzern war in Geschäftseinheiten unterteilt, die sich an den Produkten orientiert – jede mit eigenen Verantwortlichkeiten für die Gewinn- und Verlustrechnung. Es gab jeweils einen Manager für die Macintosh-Produktgruppe, die Software-Produkte und die Abteilung für Server. Wie in vielen Unternehmen dieser Größe, neigten die Manager allerdings dazu, sich untereinander zu streiten. Dabei ging es selten darum, wie man ein Produkt für die Kunden verbessern oder neue visionäre Produkte entwerfen kann, sondern um Themen wie die internen Verrechnungspreise für Dienstleistungen innerhalb des Konzerns, von denen die Anwender aber nichts hatten.
Außergewöhnliche Organisationsstruktur
Steve Jobs zog noch im ersten Jahr nach seinem Comeback die Reißleine und feuerte an einem einzigen Tag alle Geschäftsführer der bestehenden Geschäftseinheiten und verkündete eine umfassende Reorganisation. Das gesamte Unternehmen wurde auf eine konzernweite Gewinn- und Verlustrechnung umgestellt. Damit wurde auch nicht mehr mühsam ausgerechnet, wie sich die einzelnen Bereiche separat schlagen. Seitdem sind Senior Vice Presidents für Funktionen zuständig, nicht mehr für einzelne Produkte. Damit sollte ein einheitlicher Prozess ermöglicht werden, der von der Produktentwicklung über die Produktion bis hin zum Verkauf reicht, ohne dass sich die Manager Gedanken machen müssen, ob ihr Segment auch stets profitabel ist.
An diesem von Steve Jobs eingeführten Prinzip hat Tim Cook auch nicht gerüttelt, obwohl Apple seit der Einführung der Organisationsstruktur gemessen am Umsatz fast 40-mal so groß und weitaus komplexer ist als 1998. Die Position des CEO ist und bleibt der einzige Punkt im Organigramm des Unternehmens, an dem sich Design, Technik, Betrieb, Marketing und der Verkauf der wichtigsten Apple-Produkte treffen. Zu den moderaten Änderungen, die Cook an der Führungsstruktur vorgenommen hat, gehört die Aufteilung der Hardware-Abteilung in die Bereiche Hardware-Engineering und Hardware-Technologien. Außerdem wurde ein neuer Vorstandsposten für den Bereich Künstliche Intelligenz eingerichtet.
Als Cook vor zehn Jahren als CEO das Ruder übernahm, stand ihm vor allem Designchef Jony Ive zur Seite. Der Brite war nicht nur für die Gestaltung der Apple-Geräte verantwortlich, sondern verkörperte so etwas wie Herz und Seele von Apple. Er bestimmte allerdings auch mit seinen teilweise umstrittenen Ideen auch die Technik. So waren letztlich die Vorgabe von Ive, wie dünn die neuen Macbook-Modelle sein müssen, dafür mitverantwortlich, dass Apple mit dem dafür notwendigen Tastatur-Design in Schwierigkeiten kam. Erst mit dem Zugeständnis, dass die Notebooks wieder einen Hauch dicker sein dürfen, damit eine Tastatur mit dem bewährten Scheren-Mechanismus Platz findet, konnte das „Keyboard-Gate“ zu den Akten gelegt werden.
Kronprinz Jeff Williams
Mit dem Ausscheiden von Ive, der Apple Ende 2019 verlassen hat, ist die Position des Chief Design Officers bei Apple vakant. Ives Aufgaben hat Chief Operations Officer Jeff Williams übernommen, der Brite ist angeblich noch als Berater aktiv. Mit der Verantwortung für das operative Geschäft und das Design der Apple-Produkte ist Williams nun aber der mit Abstand mächtigste Mann im Apple-Vorstand hinter Cook.
Williams hat Maschinenbau studiert und genauso wie Konzernchef Cook einen MBA-Titel an der Duke University erlangt. Wie sein Chef ist Williams eher ein Zahlentyp, kein Designer. Mit der Ive-Nachfolge wurden im Designbereich die Strukturen geändert. Jony Ive war noch dem Konzernchef zugeordnet und berichtete direkt an Steve Jobs und später an Tim Cook. Nun unterstehen sowohl der für das Softwaredesign verantwortliche Alan Dye (Vice President of Human Interface Design) als auch die Hardwaredesign-Chefin Evans Hankey (Vice President of Industrial Design) Williams direkt.
Mit der großen Machtfülle wird Williams als der offensichtliche Erbe von Cook angesehen, auch weil er in den vergangenen Jahren unter Cook die globalen Operationen des Unternehmens geleitet hat. Ein Übergang auf Williams wäre allerdings kein Generationswechsel, denn er ist nur zwei Jahre jünger als der 60 Jahre alte Konzernchef.
Nach einem ganz jungen Nachwuchstalent sucht man in der Vorstandsriege aber vergebens. Das Gremium sei „größtenteils mit Senior Vice Presidents besetzt, die mehr als zwei Jahrzehnte bei Apple gearbeitet haben, zig Millionen Dollar verdient haben und im Alter von 55 bis 60 Jahren sind oder sich diesem nähern“, stichelte Apple-Kenner Mark Gurman vom Nachrichtendienst Bloomberg im vergangenen Sommer. Nur Softwarechef Craig Federighi (52) und der neue Senior Vice President für Hardware Engineering, John Ternus (45), fallen aus dieser Reihe.
Nicht mehr Club der grauen Haare
Dabei hat sich in der Ära von Tim Cook bereits eine Menge geändert. Nach Abgang von Ive sitzen nur noch zwei Männer neben Cook im Apple-Vorstand, die dort schon vor zehn Jahren vertreten waren, nämlich Eddy Cue und Jeff Williams. Nicht mehr bei Apple ist der ehemalige iOS-Chef Scott Forstall, der von Tim Cook nach der misslungenen Einführung von Apple Maps im Oktober 2012 gefeuert wurde. Die anderen Top-Manager aus der frühen Cook-Ära sind inzwischen im Ruhestand oder ins zweite Glied zurückgetreten. Dazu gehört auch der ehemalige Marketing-Chef Phil Schiller, der nun nicht mehr Vice President ist, sondern sich als Apple Fellow unter anderem um den App-Store kümmert.
Im Gegensatz zum Team, mit dem Tim Cook vor zehn Jahren angetreten ist, präsentiert sich inzwischen der Apple-Vorstand auch nicht mehr als Club von älteren Männern mit grauen Haaren. Bruce Sewell, bis Ende 2017 der Leiter der Apple-Rechtsabteilung, wurde durch Katherine Adams ersetzt. Als zweite Frau sitzt Retail-Chefin Deirdre O’Brien (55), die Herrscherin über alle Apple Stores, im Vorstand.
Wie schwer sich Frauen in der Apple-Hierarchie tun, kann man an der Karriere der schwarzen Musik-Managerin Bozoma Saint John (44) ablesen. „Badass Boz“, wie sie sich auf Instagram nennt, startete ihre Laufbahn als Assistentin des Filmemachers Spike Lee und kam 2014 zu Beats Music, dem damals neuen Streaming-Service des Musikproduzenten Jimmy Iovine. Als Beats wenig später für drei Milliarden Dollar von Apple gekauft wurde, wechselte sie mit Beats als Brandmanagerin zu Apple. „Zu der Zeit gab es in den Führungsetagen niemanden, der wie ich aussah“, sagte sie später in einem Interview mit der Zeitschrift „Brigitte“. „Ich bin nicht durch die Vordertür reingekommen, sondern durch ein gekipptes Fenster gekrochen.“
Im Apple-Universum bekannt wurde sie durch einen inzwischen legendären Auftritt auf der Entwicklerkonferenz WWDC im Juni 2016. Das Online-Portal Buzzfeed lobte „Boz“ daraufhin als den „coolsten Menschen, der je bei einer Apple-Veranstaltung auf der Bühne stand“. Und „Wired“ fragte sich verwundert: „Wer zur Hölle ist diese Frau und wie konnte Apple sie so lange versteckt halten?“ Apple-CEO Cook ließ sie dann aber schon ein Jahr später wieder weiterziehen, als der Fahrdienstvermittler Uber mit Saint John als „Chief Brand Manager“ sein ramponiertes Image aufpolieren wollte. Mittlerweile ist „Boz“ Marketingchefin bei Netflix, dem erfolgreichsten Streaming-Dienst der Welt mit einem Marktwert von 180 Milliarden Euro.
Experten führen Experten
Für eine noch steilere Karriere bei Apple war Bozoma Saint John dann vielleicht doch zu schillernd. Dabei hätte sie eigentlich gut in das generelle Management-System von Apple gepasst, weil sie eine anerkannte Expertin auf ihrem Gebiet ist. Die Fachpublikation „Harvard Business Review“ beschreibt dieses Grundprinzip so: „Apple konkurriert in Märkten, in denen der technologische Wandel und die Disruption so rasant verläuft, so dass das Unternehmen sich auf das Urteilsvermögen und die Intuition von Personen mit tiefem Wissen über die dafür verantwortlichen Technologien verlassen muss.“ Das Unternehmen müsse Wetten darüber abschließen, welche Technologien und Designs in Smartphones, Computern und anderen Produkten wahrscheinlich erfolgreich sein werden, lange bevor es Markt-Feedback und solide Marktprognosen erhalte. „Wenn man sich auf technische Experten statt auf Geschäftsführer verlässt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese Wetten aufgehen.“
Daher haben bei Apple nicht die Betriebswirte, Juristen und andere „General Manager“ das Sagen, sondern die Fachleute. Der iPhone-Hersteller ist ein Unternehmen, in dem Experten andere Experten leiten. Diese Struktur baut auf der These auf, dass es einfacher ist, einem Experten beizubringen, wie man gut managt, als einen Manager zu trainieren, ein Experte zu werden. Selbst Konzernchef Tim Cook hatte Ingenieurswissenschaft studiert, bevor er sich zu einem anerkannten Logistikexperten entwickelte.
Dieses Prinzip fußt aber auch auf den historischen Erfahrungen, die Apple mit Managern wie John Sculley, Michael Spindler und Gil Amelio, die den PC-Pionier in den achtziger und neunziger Jahren fast in den Konkurs geführt haben. Insbesondere die Ära von John Sculley hat bei Apple ein Trauma hinterlassen. Sculley war President bei der PepsiCo und wusste, wie ein großer Konzern gemanagt werden muss. Von Computern hatte er allerdings keine Ahnung. Weil er die Fachwelt aber mit innovativen Werbekampagnen wie der Pepsi-Challenge beeindruckt hatte, wurde auch Apple 1983 auf ihn aufmerksam. Steve Jobs hat ihn dann persönlich mit einem provakanten Spruch geködert. „Willst du für den Rest Deines Lebens Zuckerwasser verkaufen? Oder willst Du mit mir kommen und die Welt verändern?“, fragte Jobs den Top-Manager aus New York.
Historisches Trauma
Das „Dynamic Duo“ aus Sculley und Jobs hielt aber nicht lange zusammen, sondern zerbrach zwei Jahre später über eine Auseinandersetzung, wie der damals neu entwickelte Apple Macintosh zu vermarkten ist. Jobs verlangte Preissenkungen und eine teure Werbekampagne, um den damals noch enttäuschenden Absatz des Macs zu pushen. Sculley wollte lieber den Verkauf des Apple II als Brot-und-Butter-Geschäfts fördern. Jobs unterlag in diesem Konflikt, weil der Verwaltungsrat nicht alles auf die Macintosh-Karte setzen wollte und dem ehemaligen Pepsi-Manager den Rücken stärkte. Daraufhin Jobs verließ Apple 1985 im Streit. „Nun, was soll ich sagen. Ich habe den falschen Typen eingestellt“, sagte Jobs rund zehn Jahre später in der TV-Dokumentation „Triumph of the Nerds“.
Mit der Einstellung von Sculley hatte Jobs gegen seine eigene These verstoßen, dass Apple-Manager Experten in ihrem Fachgebiet sein sollten. In einem Interview aus dem Jahr 1984 sagte er: „Wir hatten diese Phase bei Apple, in der wir dachten: Oh, wir werden eine große Firma sein, lass uns ein professionelles Management einstellen. Wir gingen los und stellten einen Haufen professionelles Management ein. Es hat überhaupt nicht funktioniert. Sie wussten, wie man managt, aber sie wussten nicht, wie man irgendetwas erledigt. Wenn Sie ein großartiger Mensch sind, warum wollen Sie dann für jemanden arbeiten, von dem Sie nichts lernen können?“ Die besten Manager seien „die großartigen individuellen Mitarbeiter, die niemals ein Manager sein wollen, aber entscheiden, dass sie es sein müssen, weil niemand sonst einen so guten Job machen würde.“
Im aktuellen Vorstand ist Craig Federighi das Paradebeispiel für den Grundsatz, dass Experten andere Experten leiten. Der Manager mit der markanten Frisur, mit der er sich selbstironisch auch als „Hairforce One“ beschreibt, ist studierter Informatiker.
Nach seinem Studium hat Federighi schon bei Steve Jobs’ Firma NeXT Computer gearbeitet, wo er die Entwicklung des Enterprise Objects Framework leitete. Nach einem kurzen Einsatz bei Apple sammelte er beim Startup Ariba als Chief Technology Officer erste Management-Erfahrung. Im Jahr 2009 kehrte Federighi zu Apple zurück und übernahm die Leitung der OS-X-Entwicklung. Seitdem kletterte er die Karriereleiter steil hinauf, auch begünstigt durch seine fulminanten Auftritte auf den Entwicklerkonferenzen WWDC und bei Produkt-Keynotes.
Talente bei “Hair Force One”
Im Team von Federighi haben sich zwei Manager ebenfalls einen guten Ruf erarbeitet und für höhere Aufgaben empfohlen, nämlich Jon Andrews und Sebastien Marineau-Mes. Andrews ist für CoreOS zuständig. Das ist die grundlegendste Komponente von Apples Betriebssystemen macOS, iOS, iPadOS, watchOS und tvOS, also die Schicht, die die zugrunde liegenden Funktionen wie drahtlose Netzwerke und das Dateisystem verwaltet. Etliche Apple-Beobachter trauen Andrews zu, seinen Vorgesetzten Federighi einmal beerben zu können, wenn dieser weiter befördert würde oder – was eher unwahrscheinlich ist – Apple verlassen sollte. Marineau-Mes war mal Softwarechef von Blackberry und kam 2014 zu Apple. In den ersten Jahren hatte er die heutige Rolle von Andrews inne, wurde aber 2016 damit beauftragt, sich um das Thema Systemsicherheit sowie um die Apps Fotos und Kamera zu kümmern. In jüngerer Zeit hat Marineau-Mes an Funktionen wie den neuen iOS 14 Widgets gearbeitet.
Zur Truppe von Federighi gehört auch der Deutsche Andreas Wendke, der ebenfalls den Titel „Vice President in Software Engineering“ trägt. Er hat an der Universität Hamburg Physik studiert und arbeitet seit 1997 für Apple. Wendke hatte zuletzt einen großen Auftritt bei der Präsentation der neuen Mac-Generation mit Apples selbst entwickelten M1-Chips. Er durfte vor großem Streaming-Publikum erläutern, welche Vorteile der Umstieg von der Intel-Plattform auf die neuen ARM-Chips haben und wie leicht der Umstieg dank „Rosetta 2“ fallen wird.
Mit seinem Auftritt ist Wendke dem breiten Publikum sogar bekannter als der wichtige Hardware-Manager Dan Riccio (57), in der Apple-Hierarchie über dem Deutschen steht. Riccio war lange Zeit im Apple-Vorstand als Senior Vice President für den Bereich Hardware Engineering zuständig. Er wird auf dem Organigramm des Apple-Managements noch immer auf dieser Position gelistet, obwohl er im Januar durch den Ingenieur John Ternus abgelöst wurde. Zu seiner neuen Rolle hat Apple sich nur kryptisch geäußert. Er dürfte sich aber auf die kommenden Virtual- und Augmented-Reality-Geräte des Unternehmens konzentrieren. Damit dürfte es sich lohnen, die Karriere von Riccio weiter zu beobachten, denn schließlich könnte es sein, dass aus seinem neuen Betätigungsfeld das neue „One More Thing“ kommen wird.
Supertalent John Ternus
Mit seinem Nachfolger auf der Position des Senior Vice Presidents für Hardware Engineering, John Ternus (45), hat Apple einen vergleichsweise jungen Top-Manager in seinen Reihen, der aber bereits über eine große Erfahrung verfügt. So war er bereits unter Riccio für die Hardware-Entwicklung des iPad und des Mac zuständig und zuletzt an der Entwicklung des iPhone 12 maßgeblich beteiligt. In Cupertino sagt man sich, Ternus sei ein angesehener Manager, der die Technologie versteht und trotz seines steigenden Bekanntheitsgrades bescheiden geblieben ist. Mit diesen Eigenschaften könnte er bald in die erste Reihe, auch weil er seinen Teil dazu beigetragen hat, dass der Umstieg von den Intel-Chips auf das Apple Silicon bislang so reibungslos gelaufen ist.
Ternus ist ein Apple-Gewächs: Er hat nach seinem Ingenieursstudium an der University of Pennsylvania nur kurz bei einem Startup gearbeitet, um dort von Apple im Jahr 2001 entdeckt zu werden. Seitdem hat er fast die Hälfte seines Lebens für den iPhone-Hersteller gearbeitet.
Bei der Besetzung wichtiger Posten wird der Konzern aber nicht immer in den eigenen Reihen fündig, sondern muss erfahrene Experten von anderen Silicon-Valley-Größen abwerben. So landete Apple im April 2018 einen großen Coup, als es Tim Cook gelang, Googles Chef für Suche und künstliche Intelligenz, John Giannandrea, einzustellen. Der gebürtige Schotte bekam den lukrativen Auftrag, die strategischen Entscheidungen zu den Bereichen „maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz“ zu verantworten und einer von 16 Führungskräften zu werden, die direkt an den Apple-Chef berichten.
Impulse von außen
Giannandrea, der von seinen Kollegen J.G. genannt wird, dürfte zu den bestbezahlten Apple-Managern gehören, denn Experten aus der ersten KI-Liga können im Silicon Valley auch achtstellige Jahresgehälter verlangen. Bei Google hat Giannandrea entscheidend dazu beigetragen, die Integration künstlicher Intelligenz in alle Google-Produkte voranzutreiben, einschließlich der Internetsuche, Gmail und dem Google Assistant. Die Beförderung von J.G. zum Senior Vice President bei Apple ist aber auch ein Eingeständnis, dass beim iPhone-Hersteller nicht alles rund läuft. Schließlich gehört es auch zur Aufgabe von Giannandrea dem Apple-Sprachassistenten Siri auf die Beine zu helfen, der bislang nicht mit dem Google Assistant oder Amazon Alexa mithalten kann.
Die funktionale Organisationsstruktur von Apple dürfte den Vorstellungen von Giannandrea entgegenkommen. Schließlich wird künstliche Intelligenz in quasi allen Apple-Produkten künftig eine stärkere Rolle spielen. J.G. muss gleichzeitig aber damit klarkommen, dass Apple dem KI-Einsatz deutlich engere Grenzen setzt als sein alter Arbeitgeber. Apple hat eine viel strengere Vorstellung vom Schutz der Privatsphäre der Kunden. Das könnte bei der Entwicklung von Diensten, die neuronale Netzwerke verwenden, von Nachteil sein. Wenn Giannandrea allerdings dieser Spagat gelingt, nämlich Algorithmen zu trainieren, ohne die Privatsphäre zu gefährden, könnte er sich auch für höhere Aufgaben qualifizieren, vielleicht sogar für die Position des Apple CEO.