Mac-History-Special: Apple Macintosh
Am 24. Januar 1984 präsentierte Apple-Mitbegründer Steve Jobs auf der jährlichen Aktionärsversammlung im Flint Center Auditorium des De Anza Community College den ersten Macintosh-Rechner der Öffentlichkeit. Das Vertriebsteam von Apple war schon drei Monate zuvor auf einer Konferenz auf Hawaii auf den neuen Apple Macintosh eingeschworen worden. In einer Persiflage auf die TV-Show „The Dating Game“ priesen damals Microsoft-Chef Bill Gates sowie die IT-Unternehmer Mitch Kapor und Fred Gibbons die Vorzüge des Macs an.
The Macintosh Software Dating Game (Oktober 1983)
Zwei Tage vor dem offiziellen Launch des Macs auf dem Aktionärstreffen hatte Steve Jobs die erste öffentliche Publicity-Rakete mit einem Werbespot während des Super Bowl XVIII gezündet. Dem Football-Finale am 22. Januar 1984 hatten Millionen Football-Fans in den USA bereits seit Wochen entgegengefiebert. Aber bereits zur Halbzeit lagen die Los Angeles Raiders gegen die Washington Redskins deutlich mit 21:3 in Führung. Spannend wurde es erst wieder im dritten Viertel, als die knapp hundert Millionen TV-Zuschauer in einer Pause den außergewöhnlichen Werbespot von Apple zu Gesicht bekamen. In dem 60 Sekunden langen Film von Star-Regisseur Ridley Scott („Blade Runner“) wurde der erste Apple Macintosh angekündigt. Der Mac wurde aber nicht nur einfach als ein neuer Computer vorgestellt. Die Botschaft des Spots lautete: Diese Mascchine wird die Welt davor bewahren, dass die düstere Vision aus dem Roman „1984“ von George Orwell ausgerechnet im Jahr 1984 Wirklichkeit wird. „Big Brother“ IBM wird dank des Macintosh nicht die Regentschaft in der IT-Welt übernehmen.
In dem Spot marschiert eine lange Reihe gesichtsloser Arbeiter wie Strafgefangene im Gleichschritt durch lange Röhren. Sie müssen sich in einer Halle sammeln und der Tirade des „Großen Bruders“ auf einem riesigen Monitor zuhören, der fanatisch Individualität und Meinungsfreiheit verdammt. Doch dann stürmt eine athletische junge Frau in die Halle – verfolgt von Sicherheitskräften. Sie schleudert einen Vorschlaghammer in den Monitor, der in tausende Stücke zerbirst. Die Arbeiter sitzen nun in einem grellen Licht und erwachen aus ihrer Apathie. Eine Laufschrift verkündet: „Am 24. Januar wird Apple Computer den Macintosh vorstellen. Und Sie werden sehen, warum 1984 nicht wie ‚1984’ wird“.
TV-Werbespot 1984 für den Apple Macintosh
Der Spot war nicht nur „das“ Gesprächsthema der Werbepause. Nach dem Spiel wiederholten Nachrichtensendungen den 60-Sekünder mehrfach, um über den Publicity-Coup von Apple zu berichten. Die Zeitschriften „Advertising Age“ und „TV Guide“ kürten „1984“ später zum besten Werbespot aller Zeiten.
Die Entwicklung des Macintosh hatte Apple-Mitbegründer Steve Jobs seit September 1980 vorangetrieben. Jobs wollte zuvor mit dem Apple Lisa die Idee einer grafischen Benutzungsoberfläche (GUI) weitertreiben, die er 1979 im legendären Forschungslabor Xerox PARC entdeckt hatte. Apple hatte dem Kopierer-Hersteller damals ermöglicht, sich für eine Million Dollar Apple-Anteile zu kaufen, die nach dem Börsengang des Unternehmens 17 Millionen Dollar wert waren. Dafür durften sich Jobs und sein Team Xerox-Entwicklungen wie Smalltalk anschauen, die beim Xerox Star für eine (in der Praxis nur in Ansätzen brauchbare) GUI sorgten.
Starthilfe von Xerox PARC für den ersten Apple Macintosh
Trotz der erheblichen Mängel, die das Xerox-System damals noch hatte, erkannte Jobs sofort das Potenzial, dass von der Xerox-Führungsetage in New York komplett ignoriert. Jobs war wie geblendet und wollte die Technologien sofort bei der Entwicklung des Apple Lisa einbringen.
Doch bei Apple trauten die Investoren im Hintergrund und der Verwaltungsrat ihm nicht zu, das Lisa-Projekt zum Erfolg zu führen. Daher schnappte sich der wilde Firmenmitbegründer das Macintosh-Projekt von Jef Raskin, der mit einem kleinen Team bei Apple an einem Nachfolger für den Apple II als „Volks-Computer“ für alle arbeitete.
Raskin hatte geplant, den Macintosh mit einem möglichst preiswerten Prozessor (Motorola 6809) und einem extrem eng bemessenen Hauptspeicher von 64 Kilobyte auszustatten, um den Rechner nicht teurer als 1000 Dollar werden zu lassen. Doch um die Ideen von Xerox zu veredeln und zum Laufen zu bringen, reichte diese Hardware nicht aus. Außerdem tauchten immer scheinbar unlösbare Probleme auf, das Konzept der GUI in die Praxis umzusetzen. Jobs trieb das Team um Burrell Smith, Andy Hertzfeld, Bill Atkinson, Joanna Hoffman, George Crow, Bruce Horn, Jerry Manock und Larry Tesler unbarmherzig, aber auch mit großem Charisma an.
Andy Hertzfeld über den Einfluss von Steve Jobs auf das Macintosh-Entwicklerteam
Andy Hertzfeld, der den Systemkern des Macs (und später das Benutzer-Interface von Google+) entwickelt hat, und seine Kollegen mussten in diesen Monaten immer wieder unter den Wutattacken von Jobs leiden. Das Team wurde aber auch positiv angespornt: „Steve war sehr verärgert, dass der Mac zunächst so lange zum Booten brauchte“, berichtete Hertzfeld Jahre später. „So versuchte er (den Software-Entwickler) Larry Kenyon zu motivieren. Er erzählte ihm: ‚Du weißt, wie viele Menschen diese Maschine kaufen werden? Es werden Millionen sein. Stellen wir uns vor, dass Du die Maschine eine Sekunde schneller booten lassen kannst. Das macht bei zehn Millionen Nutzern 360 Millionen Sekunden im Jahr. Das entspricht 50 Menschenleben. Würdest Du nicht auch drei Tage investieren, um 50 Menschenleben zu retten?‘ Es war ein netter Weg, so über das Problem nachzudenken.“ Kenyon machte sich noch einmal an die Arbeit und verkürzte den Boot-Vorgang um weitere drei Sekunden. So löste das „Macintosh-Team“ ein Problem nach dem anderen.
Am 24. Januar 1984, zwei Tage nach der Ausstrahlung des „1984“-Werbespots, führte Jobs auf der Aktionärsversammlung von Apple erstmals in der Öffentlichkeit vor, wofür sein Team monatelang bis zum Umfallen gearbeitet hatte. Bei der Demo spielte der Mac die Titelmusik von „Die Stunde des Siegers“ ab. Das Wort „MACINTOSH“ lief horizontal über den Bildschirm, gefolgt von einer Serie von Screenshots, die die grafischen Möglichkeiten des Macs unterstreichen sollten. Dann verkündete der Computer mit elektronischer Stimme: „Hallo. Ich bin Macintosh.“ Der Saal tobte.
Der Launch des Launch Apple Macintosh am 24. Januar 1984
Apple bot den ersten Macintosh zum Preis von 2.495 US-Dollar an – inflationsbereinigt entspricht das heute umgerechnet rund 5600 Dollar. Der Mac war der erste Rechner mit einem grafischen Desktop, den sich auch Privatanwender leisten konnten – zumindest wenn sie halbwegs betucht waren. Ein Vergleich: Der Bürocomputer Xerox Star, der auch über eine GUI verfügte, kostete damals 16.000 Dollar (36.000 Dollar nach heutiger Kaufkraft). Das konnten sich nur wenige Firmen und öffentliche Einrichtungen leisten.
In dem Macintosh steckte der Motorola-Prozessor 68000, der mit 8 MHz getaktet war und auf 128 Kilobyte Arbeitsspeicher zugreifen konnte. Ein 3,5“-Floppy-Laufwerk von Sony mit 400 Kilobyte Speicherplatz und ein kleiner 9“-Bildschirm vervollständigten das Gerät. Wie der Vorgänger Lisa war auch der Macintosh mit einer grafischen Benutzeroberfläche und einer Maus ausgestattet, so dass die Anwender sich nicht mit Kommandozeilen herumquälen mussten.
Doch trotz des revolutionären Konzeptes konnte sich der Mac nicht sofort am Markt durchsetzen.
Weiterlesen – Teil 2: Der Fehlstart (1984-1985)
30 Jahre Apple Macintosh
Teil 1: Von der Vision zum Launch (1980-1984)
Teil 2: Der Fehlstart (1984-1985)
Teil 3: Auf dem Weg in die Nische (1986 – 1994)
Teil 4: Der Mac in der System-Krise (1994-1997)
Teil 5: Der Neuanfang mit Steve Jobs (1997-2001)
Teil 6: Der iMac als Digital Hub (2001-2014)
Teil 7: Mac Pro (2006-2014)
Teil 8: Der mobile Erfolg (2008-2014)
Teil 9: Die Zukunft des Macs
Ich glaube in meinem Keller steht noch einer !