Der Fehlstart des Apple Macintosh (1984-1985)
Teil 2
Das Konzept des Macintosh überzeugte viele Enthusiasten sofort. Der kommerzielle Erfolg des Macs stellte sich jedoch erst nach einer längeren Durststrecke ein. Im Sommer 1981 war Apple noch davon ausgegangen, dass zwischen 1982 und 1985 über 2,2 Millionen Macs verkauft werden können, also rund 47.000 Stück pro Monat. Doch nun kam der Mac erst Anfang 1984 auf den Markt. Und nachdem die Fans ihren ersten Kaufrausch befriedigt hatten, sackte der Absatz des Macintosh dramatisch auf rund 5000 Geräte pro Monat ab. In Deutschland war der Mac zwar der Star der Hannover-Messe im Frühsommer 1984. Er verschwand dann aber zunächst wieder in der Versenkung.
An dem bescheidenen Start des Macs konnte auch der damalige Apple-Chef John Sculley wenig ändern. Ganz im Gegenteil: Mit seinen hohen Marketingausgaben hatte Sculley dazu beigetragen, dass der Preis des Macs über die Schwelle von 2000 Dollar rutschte, was Jobs unbedingt verhindern wollte. Jobs hatte Sculley von Pepsi mit dem legendären Satz „Wollen Sie Ihr Leben lang Zuckerwasser verkaufen oder die Welt verändern?“ abgeworben, um das Management und Marketing bei Apple zu professionalisieren. Und zunächst arbeiteten Jobs und Sculley bei Apple trotz sehr unterschiedlicher Führungsmethoden harmonisch zusammen. Sie wurden von der Öffentlichkeit sogar als das „Dynamic Duo“ bei Apple gefeiert. Doch der schleppende Absatz des Macs führte schnell zu ernsten Spannungen zwischen Jobs und Sculley.
In einem TV-Interview erinnerte Sculley sich später: „Der Mac konnte einfach nicht viel: Wir hatten Mac Paint und Mac Write als einzige Anwendungen, und der Markt hatte das schon gemerkt. Am Ende des Jahres sagten die Leute: Vielleicht ist der IBM-PC nicht so einfach zu benutzen oder so attraktiv wie der Macintosh. Aber er macht etwas, was wir gerne tun wollen – Tabellenkalkulation, Textverarbeitung, Datenbank. Wir sahen die Umsatzzahlen für den Mac Ende 1984 runtergehen, und das wurde ein Problem im folgenden Jahr.“
Der mit 128 Kilobyte viel zu enge bemessene Hauptspeicher des Macs machte diese Aufgabe aber nicht einfach. Erst als ein Jahr später der „Fat Mac“ mit 512 Kilobyte DRAM raus kam, war der Flaschenhals beseitigt. Der Mac 512K war der erste Macintosh, mit dem man vernünftig arbeiten konnte.
Steve Jobs musste die ersten Erfolge des Macintosh am Markt von außen beobachten: Im Sommer 1985 war er von Sculley und dem Apple-Board aus dem Unternehmen gedrängt worden. Softwarefirmen wie Aldus hatten erste Desktop-Publishing-Programme wie PageMaker für den Mac geschrieben. In Kombination mit dem Apple LaserWriter und dem von Adobe geschaffenen Seitenbeschreibungsstandard PostScript krempelten Apple, Adobe und Aldus die Technik der Publishing-Branche völlig um.
Dieser Trend verstärkte sich, als Anfang 1986 der Macintosh Plus mit 128 Kilobyte ROM auf den Markt kam. Die Speicherchips waren nun nicht mehr fest auf der Platine verlötet, sondern gesockelt. So konnte man das Gerät auf bis zu vier Megabyte RAM aufrüsten.
Der Mac Plus hatte sogar Cursor-Tasten auf der Tastatur, die Steve Jobs beim ersten Mac noch entschieden abgelehnt hatte, weil er die Anwender zwingen wollte, die Maus als Eingabeinstrument zu akzeptieren.
Auf die innere Moral bei Apple hatte der Weggang von Steve Jobs aber verheerende Folgen. Glaubt man Andy Hertzfeld, gingen mit dem Mitbegründer auch seine Kernwerte verloren, nämlich brillantes Design und höchste Kreativität.
Weiterlesen: Teil 3: Auf dem Weg in die Nische (1986 – 1994)
30 Jahre Apple Macintosh
Teil 1: Von der Vision zum Launch (1980-1984)
Teil 2: Der Fehlstart (1984-1985)
Teil 3: Auf dem Weg in die Nische (1986 – 1994)
Teil 4: Der Mac in der System-Krise (1994-1997)
Teil 5: Der Neuanfang mit Steve Jobs (1997-2001)
Teil 6: Der iMac als Digital Hub (2001-2014)
Teil 7: Mac Pro (2006-2014)
Teil 8: Der mobile Erfolg (2008-2014)
Teil 9: Die Zukunft des Macs