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Apple History TV: Knowledge Navigator

Der Knowledge Navigator ist ein fiktiver Computer, den der damalige Apple-CEO John Sculley 1987 erstmals in seinem Buch Odyssey beschrieb. Er war Sculleys Vision des persönlichen Computers für das 21. Jahrhundert.

Ein Blick in die Zukunft: Das Konzept-Video „The Knowledge Navigator“

Es war aber eher ein Zufall, dass das Video „The Knowledge Navigator“ gedreht wurde. Nach den Schilderungen von Bud Colligan, der von 1985 bis 1988 der „Director of Higher Education Marketing“ bei Apple war, stand Apple nämlich in der Verlegenheit, auf der Educom, der wichtigsten Hochschulkonferenz für akademische Computer, im Oktober 1987 eine Innovation präsentieren zu müssen.

Colligan erinnert sich im Jahr 2011:

„John Sculley war als Hauptredner auf der Educom vorgesehen, und es stand für uns viel auf dem Spiel, eine „Vision“ zu zeigen, wohin Apple gehen würde. Ich traf mich mit John, um mich auf die Rede vorzubereiten und Ideen zu besprechen, was wir tun könnten. Wir planten, eine Reihe von Live-Demonstrationen von Beispielen für Hypertext, Multimedia und interaktives Lernen einzubauen und Professoren und Forscher verschiedener Hochschulen für die Vorführungen zu gewinnen.“

Sculley wollte nicht nur als Marketing-Mann in die Chroniken der Technologie-Geschichte eingehen, sondern als ein Visionär des 21. Jahrhunderts. Diesem zweck diente auch sein Buch „Odyssey: Pepsi to Apple“. Im letzten Kapitel beschrieb Sculley in die Vision eines „Knowledge Navigators“ und hatte sogar eine grobe Skizze davon, mit zwei Joysticks auf einem Bildschirm, die man halten würde, um durch Wissensbibliotheken zu „fahren“.

„Ich besprach das Konzept des Knowledge Navigator aus Johns Buch mit (dem späteren Netscape-Designer) Hugh Dubberly und (der Künstlerin) Doris Mitsch von Apple Creative Services“, erinnert sich Colligan weiter. „Wir trafen uns anschließend erneut mit John, um seine Gedanken zu besprechen. Michael Markman stieß zu unserem Team, um Johns Keynote-Rede zu schreiben. Zusammen mit Mike Liebhold von der Advanced Technology Group von Apple diskutierten wir, wie wir ein Vision Video für ein Beispiel des Knowledge Navigators im Hochschulbereich erstellen könnten. Hugh und Doris schrieben das Drehbuch.“

In dem Video „Knowledge Navigator“ wird die Vision eines vernetzten Tablet-Computers, umgesetzt, der Persönlicher Digitaler Assistent, Kommunikationszentrale und vernetzte Wissensmaschine in einem ist. Das Team, zu dem auch Mike Liebhold, Michael Markman und Mitarbeiter der Kenwood Group, einer externen Produktionsfirma gehörten, wurde von Bud Colligan geleitet. Der Film spielt im im Jahr 2009. Der „Knowledge Navigator“ dient einem Berkeley-Professor als „Persönlich Digitaler Assistent“ bei seiner Arbeit.

Parallel zur Videoproduktion beschrieb Sculley in seiner Autobiografie die Vision eines „Macintosh der Zukunft“. Der „Knowledge Navigator“ könnte eine „wunderbare Phantasiemaschine“ sein, „ein Entdecker neuer Welten, ein ebenso wunderbares Werkzeug wie die Druckerpresse“.

Der einzelne könnte es einsetzen, um durch Bibliotheken, Museen, Datenbanken und Regierungsdokumente zu „fahren“. Dieses Werkzeug würde das Individuum nicht nur an die Schwelle dieser großen Reichtümer geleiten, wie das heute hochentwickelte Computer können, es würde ihn tief in die Geheimnisse hineinziehen, indem es die Informationen interpretiert und so in Wissen verwandelt.

Sculley wurde der Entwicklung des Konzeptes vom „Knowledge Navigator“ maßgeblich vom Apple Fellow Alan Kay beeinflusst.

Dynabook-Konzept von Alan Kay (August 1972)
Dynabook-Konzept von Alan Kay (August 1972)

Der Informatiker gilt als Pionier des objektorientierten Programmierens, das er an der University of Utah in den späten 60er Jahren im Rahmen eines APRA-Projektes konzipierte. Am Forschungszentrum Xerox PARC entwickelte Kay zusammen mit Dan Ingalls, Adele Goldberg und anderen in den siebziger Jahren die objektorientierte Programmiersprache Entwicklungsumgebung Smalltalk. Am Xerox PARC entwarf Kay außerdem das konzeptionelle Computer-System Dynabook, das letztlich den modernen Tablet-Computern wie dem iPad ähnelt.

Kay trat 1986 an Sculley heran und forderte größere Forschungsanstrengungen bei Apple ein, weil es keine Institution gebe, von der Apple Konzepte für einen Personal Computer der nächsten Generation übernehmen könne: „Beim nächsten Mal werden wir kein Xerox haben.“ Jede innovative Technologie – egal wie einfach oder komplex – benötige 15 bis 20 Jahre, um sich von einem Konzept zu einer kommerziellen Anwendung zu entwickeln. Daher wurde es Zeit, für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit bei Apple ein Konzept in den Raum zu stellen.

Die Quintessenz der jahrelangen Untersuchung von Alan wurde im Jahre 1987 in einem Konzept umgesetzt, das wir als Knowledge Navigator bezeichneten. Moore’s Law hatte ja schon vorausgesagt, dass die (ständig wachsende) Rechenleistung in den kommenden zwanzig Jahren in der Lage wäre, dreidimensionale Geometrien in Echtzeit zu manipulieren. Der Knowledge Navigator sagte eine Welt der interaktiven Multimedia-Kommunikation voraus, in der Rechenleistung als gewöhnlicher Gebrauchsgegenstand allgenwärtig ist. Auf Wissens-Anwendungen werde dann durch intelligente Agenten zugegriffen, die über Netzwerke mit riesigen Mengen an digitalisierten Informationen verbunden sind.

Dem Knowledge Navigator sollten eine Reihe neuartiger Schlüsseltechnologien zugrunde liegen:

  1. Fortschrittliche Kommunikationstechnologie, die weltweit Rechner und Datenbanken miteinander verbindet und den Anwendern breitere Informationspfade zur Verfügung stellt.
  2. Echtzeit-Animationen in 3D, die es erlauben, komplexe Modelle zu visualisieren.
  3. Verbesserte Datenbank-Technologien als Schlüssel zu umfassenden Informationssystemen.
  4. Hypermedia, die Verbindung von Text, Grafiken, Ton und bewegten Bildern, die den zukünftigen Computer-Anwendern intuitiv den Weg durch riesige Informationssammlungen weist.
  5. Spracheingabe, da die Tastatur als Eingabeinstrument nicht flexibel genug ist
  6. Maschinelle Übersetzung von fremdsprachigen Quellen in die Muttersprache des Anwenders.
  7. Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie. Die künstliche Intelligenz erlaubt die Verwendung von Agenten, die sowohl persönliche Vorlieben der Anwender erkennen als auch Strategien vorschlagen und damit zur Steigerung der Produktivität beitragen.

Das Video „Knowledge Navigator“ wurde zunächst auf der Educom im Oktober 1987 gezeigt. Doch über den Kreis der Konferenzbesucher hinaus erregte das Video kaum Aufmerksamkeit, auch weil die klassischen Medien dort nicht vertreten waren. Das Stück sollte aber noch einmal eine zweite Chance bekommen. Für die Messe Macworld Expo im Januar 1988 war Jean Louis Gassee, Senior Vice President of Product bei Apple, als Hauptredner vorgesehen und sollte die neue Produktstrategie von Apple vorstellen. Etwa zwei Wochen vor der Macworld Ende Dezember teilte Gassee seinem Boss Scuelley mit, dass er nicht in der Lage sei, über die neue Produktstrategie von Apple zu sprechen. Colligan erinnert sich: „John rief mich an und fragte, ob wir die Educom-Keynote auf der Macworld wiederholen könnten, mit ein paar Änderungen für ein allgemeineres Publikum. Ich rief alle Demonstranten noch einmal an und sie stimmten alle zu, nach Kalifornien zu kommen und wir optimierten die Demos, so dass sie weniger akademisch waren. Und natürlich haben wir zum Abschluss den Knowledge Navigator gezeigt. (Wir nutzten die Pause, um die Bildschirmsimulationen zu verbessern, und zwar über das hinaus, was wir in dem ursprünglich engen Zeitplan liefern konnten).“

Auf der Macworld sah dann eine breite Öffentlichkeit, einschließlich der Mainstream- und Tech-Medien, den Knowledge Navigator zum ersten Mal. Die Ressonanz war großartig. Das Video wurde als Apples neue Vision aufgenommen. Colligan: „John begann daraufhin, KN in Mitarbeiterversammlungen, gegenüber der Presse usw. zu verwenden. Einige Monate später war er auf der Titelseite des Fortune-Magazins abgebildet, wo er das Balsaholzmodell des KN in der Hand hielt, das wir für den Videodreh verwendet hatten. Seitdem ist der Mythos um den Knowledge Navigator unaufhaltsam gewachsen! Zu den falschen Legenden gehören: dass er von George Lucas produziert wurde und dass er mit dem Cray-Supercomputer von Apple hergestellt wurde.“

Hier ist ein weiteres Video, das aus dem gleichen Projekt entstand. Darin diskutieren Alan Kay, Steve Wozniak, Diane Ravitch (Director, Encyclopaedia Britannica) und andere die Auswirkungen des „Knowledge Navigator“-Konzeptes auf Bereiche wie Lernen, Computing und die Geschäftswelt.

Der Knowledge Navigator sollte aber nicht nur ein abstraktes Konzept bleiben, sondern sich auch in einem konkreten Produkt – einem Personal Digital Assistant (PDA) niederschlagen. Dabei hatte Apple-Chef John Sculley nicht die Geduld, „15 bis 20 Jahre“ zu warten, bis sich aus einem abstrakten Konzept ein funktionierendes Produkt entwickelt, wie Apple-Fellow Alan Kay postuliert hatte. Der Apple Newton, mit dem Sculley einige Konzepte des Knowledge Navigator aufgreifen wollte, erzielte zwar ein große Aufmerksamkeit, scheiterte jedoch als noch nicht ausgereiftes Produkt am Markt.

Quellen:

John Sculley und John A. Byrne: Meine Karriere bei PepsiCo und Apple, ECON Taschenbuch Verlag, 2. Aufl. Düsseldorf, Wien 1991. (Dt. Ausgabe der Autobiografie Odyssey – Pepsi to Apple)

Walter Isaacson: Steve Jobs, C.Bertelsmann Verlag, München 2011.

Detlef Borchers: Apples Newton: Der Schwerkraft getrotzt, doch der Zeit voraus (Abgerufen: 20. Januar 2012, 20:20 UTC)

Seite „Knowledge Navigator“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 19. November 2010, 19:05 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Knowledge_Navigator&oldid=81700331 (Abgerufen: 21. Januar 2012, 18:20 UTC)

Artikel BBC Ex-Apple boss Sculley sets record straight on Jobs (Abgerufen: 21. Januar 2012, 16:35 UTC)

Artikel Forbes.com For a Preview of the iPad3, Watch This 23-Year-Old Apple Video (Abgerufen: 21. Januar 2012, 18:10 UTC)

Artikel: Apple – Erfolg und Misserfolg im Spiegel ausgewählter Produkte 
(Abgerufen: 21. Januar 2012, 18:10 UTC)

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